Es war uns eine Freude die Ausstellung „Crave Crave“ noch weiter zu verlängern. Im Gespräch mit Jeronim Horvat erläutert der Kunstschaffende seine Arbeit, und schafft einen Einblick in neue Narrative der Mythologie, Materialität und die fliessenden Grenzen zwischen Clubkultur und Kunstbetrieb.
JH: Der Absender bin wohl ich, aber Empfänger sind denke ich alle, die das Gefühl kennen etwas unangenehmes zu wollen, und bei dem man nicht versteht warum man es möchte. Ein Blick in den Abgrund, aber gleichzeitig sehe ich auch sehr viel positives Potenzial darin.
JH: Mythologien entwickeln sich weiter und gehen mit der Zeit; über einen längeren Zeitraum gesehen sind sie eigentlich sehr flexibel. Auch in unserer Zeit entstehen neue Mythen, die ins Spekulative gehen, und damit versuchen Unerklärliches, Utopien oder Herrschaft zu erklären, beziehungsweise zu legitimieren. Dieses Phänomen spiegelt sich vor allem auch im Gamedesign und Storytelling wider, was eine sehr starke Inspiration für meine eigene Arbeit ist. Mich fasziniert der leichte Umgang mit Geschichte und neuen Narrativen, die sich eventuell dadurch verselbstständigen. Es gibt keine Hemmungen Geschichte neu zu schreiben und es dient allein dem, einem vagen Gefühl nachzugehen und dieses widerzuspiegeln. Natürlich kann das auch problematisch sein, aber es ist ebenso psychologisch interessant wie vor allem in westlichen Ländern mit Vergangenheit umgegangen wird.
JH: Vergänglichkeit beinhaltet für mich immer die Möglichkeit von neuem Leben. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die Materialien, welche ich benutze alle industrielle Materialien sind. Für die Ausstellung „Crave Cave“ habe ich unter anderem mit Dreischicht-Holzplatten, Latex, und Druckerpapier gearbeitet. Diese industriellen Materialien wiederum von Hand zu bearbeiten, wirft für mich auch Fragen nach dem eigentlichen Wert im Kontext der künstlerischen Produktion auf.
JH: Ton als Vorstufe zu Keramik hat für mich die besondere Eigenschaft, sehr direkt einzufangen in welcher Stimmung ich mich in dem Moment befinde. Es ist gewissermassen eine Art der direkte Stimmungsübertragung auf das Material, welches sich in allen meinen Arbeiten zeigt. Für mich ist die Haptik und der manchmal sichtbare Eingriff von mir auf die Materialität sehr wichtig. In einer Zeit, in der alles überproduziert ist, wird es umso dringlicher das direkte Einwirken wieder sichtbar zu machen.
JH: Das ist eine sehr gute Frage. Ich denke die Grenzen sind manchmal fliessend. Das Potenzial sehe ich genau darin, dass diese Fragen gestellt werden. Die Ausstellung hatte diesen Moment von „kurz bevor die Party losgeht“, aber es ist nie so wirklich passiert, was für mich perfekt war. Es ging schliesslich immer noch um die Ausstellung, aber die BesucherInnen waren die wichtigste Komponente, um meine Installation zu aktivieren. Oft werden ja auch Ausstellungen ungewollt zu Partys, also warum nicht dies von Anfang an thematisieren?